SPIEGEL-Titel über Missbrauchs-Skandal in der katholischen Kirche

22.09.2018 - Das zögerliche Verhalten von Papst Franziskus steht im Mittelpunkt der SPIEGEL-Titelgeschichte über sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche. Unter dem Titel "Du sollst nicht lügen", wirft das Nachrichtenmagazin Franziskus vor allem dessen Schweigen vor. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat wird nicht gestellt.

Das Wochenmagazin analysiert den Umgang der Katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen durch seine Seelsorger. Aktueller Anlass ist die baldige Veröffentlichung einer Studie der Deutschen Bischofskonferenz zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen in der Katholischen Kirche. Kritik erfährt im Artikel vor allem Papst Franziskus, der „häufig zur Unzeit spricht, in wichtigen Momenten hingegen schweigt“.

Es werden in der Titelgeschichte Bischöfe zitiert, die namentlich nicht genannt werden wollen und den Papst anfeinden. Bei der Reise zu Missbrauchsopfern besuchten Spiegel-Reporter Pennsylvania, Argentinien und das Erzbistum von München und Freising. Im Heimatland von Papst Franziskus sprachen sie mit dem Opferanwalt Juan Pablo Gallego, der dem Papst vorwirft, früher Sexualstraftäter in der Kirche geschützt zu haben.

Nicht thematisiert wird in dem Artikel der Zusammenhang zwischen Missbrauch und der verordneten Ehelosigkeit der katholischen Priester. In Anselm Bilgris Buch "Bei aller Liebe" kommt der Sexualtherapeut Joachim Reich zu Woirt, der früher selbst Ordenspriester war: "Sexueller Missbrauch ist zwar kein spezielles Kirchenproblem, sondern eines von pädophilen Männern", sagt Reich. Das Problem der Kirche sei es aber, dass Sexualität generell tabuisiert sei und der Zölibat für überdurchschnittlich viele Männer mit einer unfreifen, verdrängten oder gestörten Sexualität zum Vehikel in den Priesterberuf werden kann. Sie glauben: als Pfarrer kann ich meine Sexualität durch Frömmigkeit und viele pastorale Arbeit eindämmen." Allerdings sei das ein Irrglaube, irgendwann breche die Sexualität bei den meisten aus und zwar oft ziemlich abrupt. Dazu komme, dass die Kirche durch ihre feudalen Hierarchien und die Überidealisierung des zölibatären Klerus Strukturen geschaffen und geduldet habe, in denen sich Priester und Bischöfe an Schutzbefohlenen vergehen konnten. "Viel zu lange wurden die Täter, wenn etwas aufflog, gedeckt und einfach nur versetzt, die Opfer nicht ernst genommen oder sogar eingeschüchtert."

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